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Hagiotherapie für die Wunden der Kirche


Beitrag für die Zeitschrift "Kirche heute" Ausgabe Juni 2022


In diesem Jahr feiert das Theresienwerk – Augsburg, dem der damalige Augsburger Bischof Viktor Josef Dammertz OSB im Jahr 1998 den Titel „Apostolische Gemeinschaft im Geist der hl. Therese von Lisieux“ verliehen hat, sein 50-jähriges Bestandsjubiläum. Seit drei Jahren darf ich diese Gemeinschaft leiten. Auf Vermittlung von Weihbischof Florian Wörner wurde ich am 28. September 2019 als Nachfolger von Pfr. Anton Schmid zum Vorsitzenden gewählt. Ich erinnere mich noch an ein erstes Telefonat in dieser Sache. Der Weihbischof fragte mich, ob ich eine besondere Beziehung zu Therese von Lisieux hätte. Ich habe etwas geschluckt und dann eine ausweichende Antwort gegeben: Meine Gemeinschaft (Geistliche Familie „Das Werk“) und vor allem deren Gründerin, Julia Verhaeghe, habe eine tiefere Beziehung zu ihr gehabt. So sei Therese für mich keine Unbekannte, und ich könnte mich mit der Aufgabe, das Theresienwerk zu leiten, vermutlich gut identifizieren. Ich spürte aber Nachholbedarf und nahm deshalb noch im Sommer 2019 ein erstes Mal an einer Pilgerfahrt nach Lisieux teil. Eine Dame, die mich etwas verunsichert im Bus vorfand, sagte zu mir: „Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich auf dieser Wallfahrt Hals über Kopf in Therese verlieben!“ Nun, Thereses Rosen sind damals ausgeblieben, aber mein Vorsatz, Therese näher kennenzulernen, blieb erhalten. Was mich auf dieser Wallfahrt besonders angesprochen hat, war ein Wort von Johannes Paul II., das ich gelesen hatte: „Gott hat durch das Leben der hl. Therese der Welt eine Botschaft gegeben. Er hat einen Weg nach dem Evangelium gewiesen, nämlich den ‚Kleinen Weg‘, den alle gehen können, da ja alle zur Heiligkeit berufen sind.“[1] Ja, Gott spricht zu seiner Kirche! Er tut es in vielfältiger Weise, manchmal durch außergewöhnliche Zeichen und Offenbarungen. Er tut es aber auch durch das Leben der Heiligen. Dieser Gedanke fand in meinem Herzen schnell Resonanz. Ich verstand, dass die Heiligkeit der Weg zur Erneuerung der Kirche ist. Die Kirche braucht eine „Hagiotherapie“ [2], da sie „stets der Reinigung bedürftig“[3] ist und als Leib Christi nicht nach rein menschlichen Maßstäben erneuert werden kann. Die Heilung ihrer Wunden geschieht neben der immer heilenden Liebe Christi auch durch die Heiligkeit von „gesunden Gliedern“, von Menschen, die die erlösende Gnade Christi in ihr Leben, Denken und Handeln aufgenommen haben und ihr Leben von dieser Gnade umgestalten und erneuern lassen. Die Orientierung an den Heiligen, den kanonisierten und den lebenden, ist für eine Kirchenreform fundamental wichtig.


Vom hl. Pius X. wird eine Bemerkung überliefert, die er 1907 einem Bischof gegenüber machte, der ihm ein Foto der Sr. Therese von Lisieux schenkte: „Sie ist die größte Heilige unserer Zeit!“ Das ist eine mutige Aussage! Welches Messgerät haben wir, um die Größe der Heiligkeit zu messen? Pius X. hat wohl intuitiv gespürt, dass im Leben dieser Ordensfrau ein großes Licht in der Kirche aufgeleuchtet ist. Es stellt sich aber die berechtigte Frage, ob eine junge Karmelitin, die kaum das wirkliche, reale Leben gekannt hat, für die Kirche als Ganze Vorbild und Therapeutin in der Heiligkeit sein kann? Neben der großen Begeisterung und Liebe, die viele Menschen für Therese haben, gibt es nicht wenige, die Schwierigkeiten mit ihrer Persönlichkeit haben: die blumige und dem modernen Menschen fremde Sprache ihrer Schriften, ihre psychologisch nicht gerade geradlinige Entwicklungsgeschichte, die begrenzten Themenfelder einer klausurierten Karmelitin, ihre Verherrlichung in kitschigen Bildern, die kaum einen wirklichen Menschen wiedergeben, um nur einige Vorbehalte zu nennen. Andere Heilige beeindrucken mehr und sind zugänglicher. Und dennoch, wenn man es schafft, „die Schale der Nuss zu knacken“, entdeckt man im Leben und in den Schriften Thereses Dinge, die zutiefst beeindrucken und weit über die Verehrung einer netten jugendlichen Heiligen hinausgehen. Man entdeckt, dass Therese gleichsam „Vox Verbi - Vas Gratiae“[4] war, eine Stimme des fleischgewordenen Wortes und eine überaus begnadete Frau, deren Bedeutung dauerhaft und universal ist. Das brachte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1997 auch sehr deutlich zum Ausdruck, als er Therese von Lisieux den Titel einer Kirchenlehrerin verlieh.


Liebe ist nicht Aktion, sondern Gegenwart Gottes

Am Höhepunkt ihres spirituellen Weges, als Therese bereits von ihrer Todeskrankheit gezeichnet ist und eine furchtbare Glaubensnacht durchleidet, bringt sie in einem Brief an ihre leibliche Schwester Marie du Sacré-Coeur die Sehnsucht, die sie plötzlich erfasst, zum Ausdruck: Neben ihrer Berufung, „Deine Braut zu sein, o Jesus, Karmelitin zu sein, durch meine Vereinigung mit Dir Mutter von Seelen zu sein“, möchte sie Soldat sein, Priester, Apostel, Lehrer, Märtyrer, Prophet, Kirchenlehrer… Sie schreibt: „Jesus, Jesus, wollte ich alle meine Wünsche niederschreiben, dann müsste ich mir dein Buch des Lebens borgen, denn darin sind die Taten aller Heiligen aufgezeichnet, und genau diese Taten möchte ich für Dich vollbracht haben.“[5] Wie bekannt, entdeckt sie anhand des Hoheliedes der Liebe in 1 Kor 13, wie ihre unerfüllbaren Träume Wirklichkeit werden können: „Ich begriff, allein die Liebe lässt die Glieder der Kirche wirken, und wenn die Liebe erlöschen würde, würden die Apostel nicht mehr das Evangelium verkünden und die Märtyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen. […] Ja, ich habe meinen Platz gefunden, den Platz in der Kirche, und diesen Platz hast Du, mein Gott, mir gegeben… Im Herzen der Kirche, meiner Mutter, werde ich die Liebe sein.“[6] Von der Aktion, „alles für Jesus zu tun und zu erleiden“, findet sie zum Sein: „Ich werde die Liebe sein!“ Im Gesamtzusammenhang ihrer Schriften wird klar, wie sie das versteht: Die Liebe, die im Herzen der Kirche pulsiert, ist die barmherzige Liebe Gottes. Indem sie diese Liebe ganz in sich aufnimmt und ihr eigenes Leben davon restlos durchdringen lässt, macht sie die Liebe Gottes in der Welt gegenwärtig und wird sie selbst ganz Liebe. So hat sie es bereits gesehen, als sie sich am Dreifaltigkeitssonntag 1895 der barmherzigen Liebe Gottes als Ganzopfer geweiht hat („Oh, ich habe den Eindruck, seit diesem seligen Tag durchdringt und umgibt mich die Liebe, sie reinigt meine Seele und hinterlässt darin keine Spur der Sünde“), und so sieht sie auch die konkrete Verwirklichung der Nächstenliebe („Du weißt genau, dass ich meine Schwestern niemals so lieben könnte, wie Du sie liebst, wenn nicht Du selbst, mein Jesus, sie auch noch in mir lieben würdest. […] Es ist Dein Wille, in mir all jene zu lieben, die zu lieben Du mir gebietest.“[7])


Vieles in den Schriften Thereses ist nicht Frucht reflektierenden Denkens, sondern „persönliche Erfahrung der Gnade“[8], die sie mutig und manchmal fast verwegen niederschreibt. Was sie aber schreibt, stimmt mit der Glaubenslehre der Kirche überein, mit der Therese von Kindesbeinen an ganz selbstverständlich vertraut ist. So ist es beständiger Glaube der Kirche, dass der Christ durch Taufe, Firmung und Eucharistie eine Wohnung des dreifaltigen Gottes, eine Wohnung der göttlichen Liebe ist. Diese gnadenhafte Wirklichkeit wahrzunehmen, im Gebet lebendig zu halten und in Taten der Liebe umzusetzen, ist Lebensaufgabe jeder und jedes Getauften. Wo das wirklich geschieht, erneuert sich die Kirche, bekommt sie ein Gesicht, das sympathisch und anziehend ist, und vermag sie auch junge Menschen anzusprechen, die nach einem Weg und dem Sinn ihres Lebens suchen.


Leben „sub specie aeternitatis“

In den Schriften der hl. Therese entdeckt man sehr schnell eine ihrer grundlegenden Überzeugungen: Der Mensch ist für den Himmel geschaffen, und die Welt kann für ihn darum nur „Exil“ sein. Schon als kleines Kind, vielleicht bedingt durch die schmerzliche Erfahrung, liebe Menschen schnell zu verlieren, sehnt sie sich danach, bald in den Himmel zu kommen. Interessant ist die Reflexion, die sie als 14-jährige anstellt und in einem Brief an ihre Schwester Marie im Karmel zum Ausdruck bringt. Herr Martin wollte seiner Tochter, die auf den Karmeleintritt wartet, eine Freude machen, und schenkt ihr ein lebendiges, erst wenige Tage altes Lämmchen. Doch schon wenige Stunden später ist es tot; es war noch zu jung, um selbstständig zu überleben. Therese schreibt ihrer Schwester Marie ins Kloster: „Du weißt nicht, wie nachdenklich mich der Tod dieses Tierchens machte. Oh, ja! Man soll sich auf Erden an gar nichts hängen, nicht einmal an die unschuldigsten Dinge, denn wir müssen sie gerade im unerwarteten Augenblick entbehren. Nur was ewig ist, kann uns zufriedenstellen.“[9] Sieben Jahre später, im Oktober 1895, dichtet sie ein Lied an das Herz Jesu: „Ich brauche ein Herz, das von Zärtlichkeit brennt, das meine Stütze bleibt ohne jedes Zurück, das alles in mir liebt, selbst meine Schwäche, das weder bei Tag noch bei Nacht mich verlässt. Ich habe kein Geschöpf finden können, das mich immer liebte, ohne je zu sterben.“[10] Therese hat ein großes Verlangen, geliebt zu werden und zu lieben. Ihre Logik ist einfach: Nur die Liebe Gottes und die Liebe zu Gott erfüllt dieses Verlangen. Denn weil nur Gott ewig ist, kann er immer geliebt werden; und weil nur Gott unwandelbar ist, kann man sich seiner Liebe für immer sicher sein. In einem ihrer letzten Briefe in Erwartung ihres baldigen Todes schreibt sie an den Chinamissionar Abbé Roulland: „Was mich aber in die himmlische Heimat zieht, ist der Ruf des Herrn, ist die Hoffnung, ihn nun endlich zu lieben, wie ich es so sehr wollte, und der Gedanke, in einer Unzahl von Seelen Liebe zu ihm zu wecken, die ihn dann in Ewigkeit preisen werden.“[11] Die Biographie Thereses zeigt uns, wie ernst sie das irdische Leben genommen und wie sehr sie alle Möglichkeiten, die es ihr geboten hat, um Gutes zu tun, ausgeschöpft hat. Aber zugleich sehen wir, wie sie in allem ganz im ewigen Leben beheimatet war, und ihr irdisches Tun gerade vom Blick auf das Ewige geprägt war. Das Ziel bestimmt den Weg, und dieser Weg war für Therese klar, weil das Ziel klar war.


Der Katechismus sagt: „Von allen sichtbaren Geschöpfen ist einzig der Mensch fähig, seinen Schöpfer zu erkennen und zu lieben; er ist auf Erden das einzige Geschöpf, das Gott um seiner selbst willen gewollt hat; er allein ist berufen, in Erkenntnis und Liebe am Leben Gottes teilzuhaben. Auf dieses Ziel hin ist er geschaffen worden, und das ist der Hauptgrund für seine Würde.“[12] Dort, wo der Blick auf das Ziel nicht mehr frei ist, organisieren sich Menschen um ihrer selbst willen und geraten nur zu leicht auf Irrwege. Viele Dinge werden dann unverständlich und frustrierend, wie die Erfahrung des Leidens, das Leben mit Behinderung, die Wirklichkeit von Grenzen und Enttäuschungen. Alles Mühen um das, was die Welt selbstverständlich braucht und wichtig ist, z.B. die Bewahrung der Schöpfung, die freie Entfaltung des Menschen und der Völker, den Schutz der gleichen Würde aller Menschen, die Sorge um Gerechtigkeit und Frieden, um nur einiges zu nennen, braucht ein letztes Ziel. Gott hat den Menschen die Welt anvertraut, damit er über sie herrsche. Aber diese Herrschaft soll Dienst gegenüber dem wahren und eigentlichen Herrn der Welt sein und im liebenden Blick auf ihn geschehen. Nur so wird Dienst an der Welt Gottesdienst. Dort, wo die Kirche in ihren verschiedenen Lebensvollzügen das Ziel des ewigen Lebens aus dem Auge verliert, verblasst ihr Glanz und müht sie sich um Dinge, die letztlich niemandem helfen. So kann die hl. Therese mit ihrem festen Blick auf das ewige Leben und ihrer Relativierung des Irdischen Korrektiv sein, damit die Kirche zum Eigentlichen zurückfindet und ihre Kernaufgabe wieder neu erfüllt, nämlich „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“[13] zu sein.


Mit Jesus verborgen

„Unsere Augen auf Jesus zu richten ist eine Gnade, die wir pflegen müssen“, sagte Papst Franziskus den Priestern bei der diesjährigen Chrisammesse.[14] Therese von Lisieux sprach unaufhörlich von Jesus und trug sein Bild unauslöschlich im Herzen. Bei ihrer Einkleidung am 10. Januar 1889 ergänzte sie ihren Ordensnamen „Sr. Therese vom Kinde Jesu“ noch mit dem Attribut „vom Heiligen Antlitz“. Im Hinblick auf die Krankheit ihres geliebten Vaters gewann Therese eine noch tiefere innere Beziehung zum leidenden Antlitz Christi. Im Karmel von Lisieux gab es ein Bild, das dieses Antlitz Christi zeigte und das Therese sehr liebte und verehrte: Das Bild zeigte das Schweißtuch der Veronika und darauf Jesus mit gesenkten Augen. Als Therese schon im Krankenzimmer war, brachte man ihr einmal dieses Bild, worauf Therese sagte: „Wie gut hat unser Herr daran getan, die Augen zu senken, als er uns dieses Bildnis gab! Denn die Augen sind der Spiegel der Seele, und wenn er uns seine Seele geoffenbart hätte, wären wir vor Freude gestorben.“[15] Papst Franziskus fährt in seiner Predigt in der Chrisammesse fort: „Wenn wir den gütigen Blick Jesu aushalten, wird er uns vielleicht auch einen Wink geben, ihm unsere Götzenbilder zu zeigen.“ Er benennt dann verschiedene Bereiche von Fehlhaltungen („Götzendienste“) und sagt: „Ein weiterer Bereich des versteckten Götzendienstes entsteht dort, wo dem Pragmatismus der Zahl der Primat gegeben wird. Diejenigen, die diesen versteckten Götzendienst betreiben, sind bekannt für ihre Vorliebe für Statistiken, die jede persönliche Eigenschaft in der Diskussion auszulöschen und der Mehrheit den Vorrang zu geben vermag, die schließlich Kriterium der Unterscheidung wird; und das ist schlecht. Dies kann weder die einzige Vorgehensweise noch das einzige Kriterium in der Kirche Christi sein. Menschen können nicht ‚gezählt‘ werden, und Gott gibt den Geist nicht ‚mit Maß‘ (vgl. Joh 3,34). In dieser Faszination für die Zahlen suchen wir in Wirklichkeit uns selbst und erfreuen uns an der Kontrolle, die uns diese Logik gewährleistet, die sich nicht für die Gesichter der Menschen interessiert und nicht die Logik der Liebe ist, sie liebt die Zahlen. Ein Merkmal der großen Heiligen ist es, dass sie es verstehen, sich zurückzunehmen, um Gott den ganzen Raum zu überlassen.“ Wie sehr ist Therese eine Lehrmeisterin der „Logik der Liebe“. In ihrem Gedicht „Aus Liebe leben“ sagt sie: „Ohne zu zählen, gebe ich und bin sicher, dass man nicht rechnet, solange man liebt!“[16]


In der „Geschichte einer Seele“ berichtete Therese ihrer Priorin, Mutter Agnes, von der Freude, die sie empfand, als sie von ihr beauftragt wurde, zu malen und Gedichte zu verfassen. Diese Begabungen kamen in der Kommunität gut an, aber Therese bemerkt: „Ich machte die Erfahrung, dass das Glück einzig darin besteht, sich verborgen zu halten und von den geschaffenen Dingen nichts zu wissen. Ich begriff, dass alle Werke ohne die Liebe nur ein Nichts sind, selbst die herausragendsten, wie Tote aufzuwecken oder ganze Völker zu bekehren. Statt mir zu schaden und mich zu hohler Selbstgefälligkeit zu verleiten, führen die Gaben, die mir der liebe Gott verliehen hat, zu Ihm.“[17] Im Oktober 1892 schrieb sie an ihre Schwester Céline: „Jesus wünscht, dass wir ihn in unseren Herzen empfangen. Zweifellos sind sie bereits leer von den Geschöpfen, aber leider fühle ich, dass meines noch nicht ganz leer von mir selbst ist… Er, der König der Könige verdemütigte sich so, dass sein Antlitz verborgen war und niemand ihn erkannte… Und auch ich will mein Antlitz verbergen. Ich will, dass allein mein Vielgeliebter es sehen kann, dass Er allein es sei, der meine Tränen zählt… Dass Er wenigstens in meinem Herzen sein Haupt zum Ausruhen hinlegen kann und dass Er fühlt, hier wird Er erkannt und verstanden.“[18] Therese will für Jesus leben, Menschen zu ihm führen, seine Liebe und sein Erbarmen verherrlichen. Das ist in allem ihre Motivation. „Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der HERR aber sieht das Herz“, heißt es in 1 Sam 16,7. Was ist das letzte Motiv, die innere Haltung, die Menschen bewegt, in der Kirche „etwas zu tun“? Diese Frage müssen sich alle stellen, die aufrichtig und redlich etwas zum Aufbau des Reiches Gottes beitragen wollen. Was steht hinter Studien, Statistiken, Untersuchungen, Initiativen und Tätigkeiten, die in der Kirche im Gang sind? Therese von Lisieux lehrt uns, dass allein die Liebe zählt und nur die echte Liebe zu Gott und den Menschen fruchtbar und aufbauend für die Kirche sein kann. Dann aber gilt: „Die Liebe schiebt nie eine Unmöglichkeit vor, denn sie glaubt, dass ihr alles möglich und alles erlaubt ist. Menschliche Klugheit dagegen bangt bei jedem Schritt und traut sich sozusagen nicht einmal einen Schritt zu machen.“[19] Beim Bemühen, den „Götzendienst“ in der Kirche zu entlarven, wie Papst Franziskus es möchte, dürfen wir uns von Therese führen lassen. Sie lebt die Gesinnung, mit der Jesus seine Jünger ausgestattet sehen will: „Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen“ (Mt 5,8). Das ist unser persönliches Zeugnis dafür, dass die Kirche ihrem Wesen nach heilig ist.


P. Georg Gantioler FSO


[1] Johannes Paul II., Divini Amoris Scientia, 6. [2] Wenn ich hier von Hagiotherapie spreche, meine ich nicht die von Professor Tomislav Ivančić entwickelten Erkenntnisse und Methoden, sondern verwende den Begriff im wörtlichen Sinn: Heilung durch das (den) Heilige(n). [3] II. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, 8. [4] Wahlspruch von Bischof Dr. Bertram Meier. [5] Geschichte einer Seele, MsB 2v, 3r. [6] Geschichte einer Seele MsB 3v. [7] Geschichte einer Seele, McC 12,v. [8] Johannes Paul II, Divini Amoris Scientia, 1. [9] Brief 42 vom 21. Februar 1888. [10] Gedicht 23, An das heiligste Herz Jesu. [11] Brief 254 vom 14. Juli 1897. [12] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 356. [13] II. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, 1. [14] Am 14.4.2022: https://www.vatican.va/content/francesco/de/homilies/2022/documents/20220414-omelia-crisma.html [15] Letzte Gespräche, 5. August 1897. [16] Gedichte der hl. Therese, PN 17. [17] Geschichte einer Seele, MsA 81v. [18] Brief 137 vom 19. Oktober 1892. [19] Geschichte einer Seele, MsA 75v.

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